Markenrecht: Richtlinie Widerspruchsverfahren in Deutschland





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Die deutsche Richtlinie zum markenrechtlichen Widerspruchsverfahren


– Stand: Februar 1999 –

mitgeteilt und bearbeitet von Dr. jur. H. Jochen Krieger
Rechtsanwalt in Düsseldorf





TT-BEGRIFF
Deutschland
Markenrecht
Widerspruch
DPMA–RL
1997
TRANSPATENT
TT-ZAHL
DE597
4118
501
Febr. 1999

http://transpatent.com/gesetze/mwiderrl.html

Richtlinie

für das markenrechtliche Widerspruchsverfahren

(Richtlinie Widerspruchsverfahren)

Vom 17. November 1997

BlPMZ 1998, S. 1

Inhaltsverzeichnis

Vorbemerkung

A. Zuständigkeiten

B. Verfahrensbeteiligte

C. Prüfung des Widerspruchs

D. Entscheidung im Widerspruchsverfahren

Vorbemerkung

Das Widerspruchsverfahren ist durch das Gesetz über den Schutz von Marken und sonstigen Kennzeichen vom 25. Oktober 1994, berichtigt am 27. Januar 1995, geändert am 24. Juli 1996 (Markengesetz – MarkenG) grundlegend umgestaltet worden. Insbesondere ist das Widerspruchsverfahren jetzt der Eintragung nachgeschaltet (§ 42 Abs. 1 MarkenG; §§ ohne Angabe des Gesetzes beziehen sich auf das MarkenG). Allerdings bleibt es Teil des Eintragungsverfahrens, da Teil 3, Abschnitt 1 dieses Verfahren einschließlich der Bearbeitung von Widersprüchen regelt.

Das Markengesetz (BlPMZ 1994, Sonderheft „Das neue Markengesetz“; hier als „BlPMZ Sonderheft“ zitiert) ist grundsätzlich auch auf diejenigen Widerspruchsverfahren anzuwenden, die vor seinem Inkrafttreten am 1. Januar 1995 anhängig waren (§ 152). Das Gesetz trifft außerdem ergänzende Regelungen über den Markenschutz nach dem MMA (§§ 107 bis 128). Der Schutz von Marken nach dem Protokoll zum MMA ist ebenfalls geregelt (§§ 119 bis 125); diese Bestimmungen sind mit dem Protokoll zum MMA (BlPMZ 1996, 49ff) in Kraft getreten (Artikel 50 Absatz 2 Satz 1 MRRG), das seit dem 1. April 1996 angewendet wird (BlPMZ 1996, 110: s. auch BlPMZ 1996, 271). Zu den weiteren neuen Rechtsgrundlagen für das Widerspruchsverfahren gehört vor allem die Verordnung zur Ausführung des Markengesetzes vom 30. November 1994 ( Markenverordnung – MarkenV ; BlPMZ Sonderheft, 156 ff). Im Markengesetz sind außerdem die Regelungen der §§ 125a bis 125h betreffend Gemeinschaftsmarken eingefügt worden (BlPMZ 1996, 393 ff.).

Mit dem Markengesetz wird die Erste Richtlinie des Rates der EG Nr. 89/104 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedsstaaten über die Marken vom 21. Dezember 1988 (BlPMZ Sonderheft, 146 ff) umgesetzt (hier als „EG-Markenrechtsrichtlinie“ zitiert). Das Gesetz ist daher unter Berücksichtigung der EG-Markenrechtsrichtlinie, ihrer Erwägungsgründe und der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (EuGH), also „europäisch“ auszulegen (Regierungsbegründung zum Gesetzentwurf, BlPMZ Sonderheft, 45, 52 r. Sp.; hier als „Regierungsbegründung“ zitiert).

Mit der umfassenden Neugestaltung des Markenrechts soll ein neuer Anfang gemacht werden (Regierungsbegründung BlPMZ Sonderheft, S. 53). Dies schließt es andererseits nicht aus, im Einzelfall zu erwägen, ob auch an die bisherige Rechtsprechung und Spruchpraxis angeknüpft werden kann. Für eine Anknüpfung können Gründe der Rechtssicherheit und Vorhersehbarkeit sprechen. Die frühere Rechtsprechung und Praxis müssen aber immer daraufhin überprüft werden, ob sie mit Wortlaut und Sinn des neuen Rechts vereinbar sind.

Bei der hier vorgelegten Richtlinie ist zu berücksichtigen, daß mit dem neuen Recht noch weitere Erfahrungen gesammelt werden müssen. Es ist daher beabsichtigt, die Richtlinie von Zeit zu Zeit zu überprüfen und sie der Rechtsentwicklung anzupassen.

A. Zuständigkeiten

Zuständig für die Entscheidung über Widersprüche sind die Markenstellen (§ 56 Abs. 2 Satz 1), deren Geschäftskreis der Präsident des Deutschen Patent-und Markenamts bestimmt (§ 9 DPMAV). Beschlüsse werden in der Regel von einem Beamten des gehobenen Dienstes oder einem vergleichbaren Angestellten (§ 56 Abs. 2 Satz 3) gefaßt (Erstprüfer). Dessen Entscheidungen können mit der Erinnerung angefochten werden ( § 64 Abs. 1 Satz 1), über die ein Mitglied des Patentamts entscheidet (§ 64 Abs. 4). Es kann sich um ein rechtskundiges, aber auch um ein technisches Mitglied des Patentamts handeln, das auf dem Gebiet des Markenrechts die erforderliche Sachkunde besitzt (Regierungsbegründung zu § 56, BlPMZ Sonderheft, 92 f). Erinnerungsbeschlüsse sind mit der Beschwerde anfechtbar (§ 66 Abs. 1; zur sog. Durchgriffsbeschwerde s. § 66 Abs. 3). Ist die Markenstelle mit einem Mitglied des Patentamts besetzt, ist gegen dessen Beschlüsse sogleich die Beschwerdemöglichkeit eröffnet (§ 66 Abs. 1 Satz 1).

Bei der Vorbereitung der Beschlußfassung werden die Prüfer von den Sachbearbeitern (SB II) unterstützt, die für die formelle Bearbeitung im Widerspruchsverfahren zuständig sind. Die Aufgaben des SB II werden von Beamten des gehobenen Dienstes bzw. vergleichbaren Angestellten wahrgenommen (vgl. § 56 Abs. 2 Satz 3).

B. Verfahrensbeteiligte

Beteiligte des Widerspruchsverfahrens sind der Widersprechende und der Inhaber der angegriffenen Marke. Ein Beteiligter kann sich durch einen Bevollmächtigten vertreten lassen (§ 76 Abs. 1 Satz 1 MarkenV; zur Vollmacht s. § 77 MarkenV). Zur geschäftsmäßigen Vertretung befugt sind Rechtsanwälte, Patentanwälte, Patentassessoren (im Rahmen des § 155 PatanwO) und Erlaubnisscheininhaber (im Rahmen des § 177 PatanwO). Beteiligte ohne Wohnsitz, Sitz oder Niederlassung im Inland müssen einen Inlandsvertreter bestellen (§ 96 Abs. 1). Ergänzend wird auf Nr. III 3b der Richtlinie Markenanmeldungen (BlPMZ 1995, 378, 381) hingewiesen.

I. Berechtigung zum Widerspruch; Löschungsgründe

Die Aktivlegitimation des Widersprechenden ist in § 42 Abs. 1 und 2 und in § 28 geregelt (s. auch oben B I und II). In den meisten Fällen wird der Widerspruch vom Inhaber einer angemeldeten oder eingetragenen älteren Marke eingelegt (§§ 42 Abs. 2 Nr. 1, 9 Abs. 1 oder 2). Diese Vorschriften sind auch auf Widerspruchsverfahren anzuwenden, die bereits bei Inkrafttreten des Markengesetzes anhängig waren (§§ 152, 158 Abs. 2 Satz 2).

Widerspruchsberechtigt ist der Inhaber einer Marke mit älterem Zeitrang (§ 42 Abs. 1).

Zeitranggleiche Rechte begründen keine gegenseitigen Ansprüche (§ 6 Abs. 4). Nach § 42 Abs. 2 kann der Widerspruch nur darauf gestützt werden, daß die jüngere Marke aus folgenden Gründen zu löschen ist:

  • wegen einer älteren angemeldeten oder eingetragenen deutschen Marke (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 und 2; zur Aussetzung bei älteren Anmeldungen s. § 9 Abs. 2 und unten D IV),

  • wegen einer älteren notorisch bekannten Marke (§§ 10, 9 Abs. 1 Nr. 1 und 2),

  • wegen der Eintragung einer Marke ohne Zustimmung des Markeninhabers für dessen Agenten oder Vertreter (§ 11),

  • wegen einer älteren international registrierten Marke (§§ 107, 116 Abs. 1),

  • wegen einer älteren IR-Protokollmarke (§§ 119, 124, 116 Abs. 1),

  • wegen einer älteren Gemeinschaftsmarke (vgl. § 125b Nr. 1 und 4, BlPMZ 1996, 393 und Regierungsbegründung, BlPMZ Sonderheft, 53 l.Sp.)

II. Rechtsinhaberschaft und Übertragung bei den Marken, dingliche Rechte

Die Zulässigkeit fristgebundener Handlungen bemißt sich nach dem zum Zeitpunkt der Vornahme der Handlung, allenfalls nach dem zur Zeit des Fristablaufes geltenden Rechts. Für die Widerspruchsbefugnis ist (für den bis zum 31. Dezember 1994 geltenden Rechtszustand) allein die materielle Berechtigung entscheidend (BPatG Mitt. 1996, 51 „quickslide“).

§ 28 Abs. 1 stellt die Vermutung auf, daß dem im Register als Inhaber der Marke Eingetragenen das durch die Eintragung begründete Recht zusteht und er nicht nur formell, sondern auch materiell berechtigt ist. Die sachliche Berechtigung des Eingetragenen wird nicht von Amts wegen geprüft, wenn der andere Beteiligte die Aktivlegitimation nicht bestreitet. Dem Einwand der fehlenden Aktivlegitimation ist aber nachzugehen, wenn ernsthafte Zweifel bestehen und der vorliegende Sachverhalt eine abschließende und erschöpfende Beurteilung ermöglicht (vgl. BPatGE 16, 184, 186).

Die verfahrensrechtliche Stellung des Rechtsnachfolgers wird durch § 28 Abs. 2 geregelt.

Tritt während des Widerspruchsverfahrens eine Rechtsnachfolge ein, gelten nach der Rechtsprechung des Bundespatentgerichts (BPatG Mitt. 97, 162) die §§ 265 und 325 ZPO entgegen der Regierungsbegründung zu § 28, S. 79 l. Sp. nicht.

Der Rechtsnachfolger selbst kann die erworbene Rechtsposition im Verfahren ausüben, sobald der Antrag auf Eintragung des Rechtsübergangs dem Patentamt zugegangen ist (§ 28 Abs. 2 Satz 1). In § 28 Abs. 2 Satz 1 ist ein Zustimmungserfordernis nicht vorgesehen. Hinzu kommt, daß das Widerspruchsverfahren als kursorisches Registerverfahren auf die rasche Erledigung einer Vielzahl von Fällen angelegt ist (siehe unten C vor I.), und die Notwendigkeit einer Zustimmung das Verfahren erheblich verzögern würde.

Liegt dem Patentamt ein Antrag auf Eintragung des Rechtsübergangs vor, sind Verfügungen und Beschlüsse nicht nur dem als Inhaber der Marke Eingetragenen zuzustellen, sondern auch dem Rechtsnachfolger (§ 28 Abs. 3 Satz 2).

Das durch die Eintragung einer Marke begründete Recht kann Gegenstand eines Pfandrechts oder sonstigen dinglichen Rechts sein (§ 29 Abs. 1 Nr. 1). Diese Rechte werden auf Antrag eines Beteiligten in das Register eingetragen, wenn sie dem Patentamt nachgewiesen werden (§ 29 Abs. 2). Bei einem vollständigen oder teilweisen Verzicht auf die Marke wird die Eintragung, falls dingliche Rechte eingetragen sind, nur mit Zustimmung des Inhabers eines solchen Rechts gelöscht (§ 48 Abs. 2). Daher bedarf beispielsweise die Beschränkung des Warenverzeichnisses der jüngeren Marke im Widerspruchsverfahren der Zustimmung des dinglich Berechtigten. Beizubringen ist die Zustimmung vom Inhaber der jüngeren Marke.

III. Konkurs oder Tod eines Beteiligten

Mit der Eröffnung eines inländischen Konkursverfahrens über das Vermögen eines Beteiligten verliert der Gemeinschuldner die Befugnis, über die zur Konkursmasse gehörende Marke zu verfügen (§ 6 Abs. 1 KO). Dennoch vorgenommene Verfügungen sind den Konkursgläubigern gegenüber unwirksam (§ 7 Abs. 1 KO).

Nach § 240 ZPO unterbricht die Eröffnung des inländischen (nicht eines ausländischen, BPatG Mitt. 1997, 160 „ULTRA GLOW“) Konkursverfahrens das Widerspruchsverfahren, bis es nach den für den Konkurs geltenden Vorschriften (z.B. durch den Konkursverwalter, § 10 Abs. 1 Satz 1 KO) aufgenommen oder das Konkursverfahren aufgehoben wird.

Die Unterbrechung hat Auswirkungen auf den Lauf von Fristen (§ 249 Abs. 1 ZPO). Handlungen des Patentamts oder eines Beteiligten während der Unterbrechung sind unwirksam (§ 249 Abs. 2 ZPO). Ist das durch die Eintragung einer Marke begründete Recht von einem Konkursverfahren betroffen, wird dies auf Antrag des Konkursverwalters oder auf Ersuchen des Konkursgerichts in das Register eingetragen (§ 29 Abs. 3).

An die Stelle der Konkursordnung wird die Insolvenzordnung (InsO) vom 5. Oktober 1994 treten (BGBl. I, 2866), die grundsätzlich am 1. Januar 1999 in Kraft tritt (§ 335 InsO i.V.m. Art. 110 Abs. 1 Einführungsgesetz zur Insolvenzordnung – EGInsO, BGBl. 1994 I, 2911).

Der Tod eines Beteiligten unterbricht das Widerspruchsverfahren ebenfalls. Die Unterbrechung endet mit der Aufnahme des Verfahrens durch die Rechtsnachfolger (§ 239 Abs. 1 ZPO; zur Wirkung der Unterbrechung s. auch hier § 249 Abs. 1 und 2 ZPO).

C. Prüfung des Widerspruchs

Im Widerspruchsverfahren gilt der Grundsatz der Amtsermittlung (§ 59 Abs. 1 Satz 1). Andererseits hat es auch kontradiktorischen Charakter. In gewissem Umfang gelten der Verhandlungs- und der Verfügungsgrundsatz (zu diesen Begriffen s. Thomas-Putzo, Zivilprozeßordnung, 18. Auflage, Einl. I, Rdn. 1 ff). So wird beispielsweise die Nichtbenutzung der Widerspruchsmarke nur dann berücksichtigt, wenn der Inhaber der angegriffenen Marke die entsprechende Einrede erhebt (§ 43).

Außerdem ist das Widerspruchsverfahren ein kursorisches registerrechtliches Verfahren, das ebenso wie das Verfahren zur Prüfung auf das Vorliegen absoluter Schutzhindernisse der raschen Erledigung einer großen Zahl von Eintragungsanträgen dient. Daher kann eine Reihe von Fragen, die für die endgültige Berechtigung der Eintragung von Bedeutung ist, im Widerspruchsverfahren nicht untersucht werden. Insbesondere für umfangreiche und zeitraubende Beweiserhebungen – beispielsweise zur Kennzeichnungskraft aufgrund der Benutzungslage – ist das registerrechtliche Verfahren wenig geeignet (vgl. Regierungsbegründung zu § 9 und zu § 42, BlPMZ Sonderheft, 67 bzw. 86 l.Sp.; vgl. auch BGH BlPMZ 1967, 57, 60 „Vitapur“). Eine in die Einzelheiten gehende Klärung des Sachverhalts bleibt also häufig dem Zivilprozeß vorbehalten (vgl. auch C II 4. Unbeachtliches Vorbringen).

I. Frist, Form und Gebühr

Die Widerspruchsfrist beträgt drei Monate seit dem Veröffentlichungstag der Eintragung der jüngeren Marke (§ 42 Abs. 1). Richtet sich der Widerspruch gegen die Schutzbewilligung für eine international registrierte Marke, beginnt die Widerspruchsfrist mit dem ersten Tag des Monats, der dem Monat folgt, der als Ausgabemonat des Heftes des Veröffentlichungsblatts angegeben ist, in dem die Veröffentlichung der international registrierten Marke enthalten ist (§ 114 Abs. 2).

Bestimmungen zu Form und Inhalt des Widerspruchs sind in §§ 26 und 27 MarkenV getroffen. Zu beachten sind außerdem die allgemeinen Formvorschriften für Anträge und Eingaben (§§ 63 bis 67, 69 und 70 MarkenV). Insbesondere ist die Widerspruchsschrift doppelt einzureichen; auch von allen weiteren Eingaben sind Abschriften beizufügen (§ 70 Abs. 4 MarkenV). Eine Begründung des Widerspruchs ist nicht erforderlich.

Die Widerspruchsgebühr beträgt 200,– DM (§ 42 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Nr. 131.400 der Anlage zu § 1 des Patentgebührengesetzes, § 7 Abs. 1 Patentgebührengesetz). Wird die vollständige Gebühr nicht fristgerecht gezahlt, gilt der Widerspruch als nicht erhoben (§ 42 Abs. 3 Satz 2). Die Wiedereinsetzung in die versäumten Fristen zur Einlegung des Widerspruchs oder Bezahlung der Widerspruchsgebühr ist ausgeschlossen (§ 91 Abs. 1 Satz 2).

II. Schutz der älteren Marke

1. Identität der Marken und Waren oder Dienstleistungen

Der Widerspruch des Inhabers einer älteren angemeldeten oder eingetragenen Marke hat zum einen dann Erfolg, wenn die Marken und die von ihnen erfaßten Waren oder Dienstleistungen identisch sind (§§ 43 Abs. 2 Satz 1, 42 Abs. 2 Nr. 1, 9 Abs. 1 Nr. 1). In diesen Fällen, die in der Praxis nur selten auftreten, besteht für die ältere Marke ein absoluter Schutz (Regierungsbegründung zu § 9, BlPMZ Sonderheft, 65 r.Sp.), ohne daß es einer Prüfung der Verwechslungsgefahr bedarf (BPatG GRUR 1996, 204, 206 „Swing“).

2. Verwechslungsgefahr

Der Widerspruch ist zum anderen dann begründet (§ 9 Abs. 1 Nr. 2), wenn wegen der Identität oder Ähnlichkeit der jüngeren Marke mit einer angemeldeten oder eingetragenen älteren Marke und wegen der Identität oder Ähnlichkeit der von beiden Marken erfaßten Waren oder Dienstleistungen die Gefahr von Verwechslungen besteht, einschließlich der Gefahr, daß die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden.

a) Komplexer Prüfungsmaßstab

Die von § 9 Abs. 1 Nr. 2 geregelten Kollisionstatbestände stellen in der Praxis die Regelfälle dar. Im Mittelpunkt der Entscheidung steht hier die Verwechslungsgefahr. § 9 Abs. 1 Nr. 2 entspricht Art. 4 Abs. 1b der EG-Markenrechtsrichtlinie. Deren Erwägungsgrund 10 (BlPMZ Sonderheft, 146 r. Sp.) ist daher für die Auslegung des neuen Begriffs der Verwechslungsgefahr von erheblicher Bedeutung. Erwägungsgrund 10 lautet wörtlich:

    „Zweck des durch die eingetragene Marke gewährten Schutzes ist es, insbesondere die Herkunftsfunktion der Marke zu gewährleisten … . Der Schutz erstreckt sich ebenfalls auf Fälle der Ähnlichkeit von Zeichen und Marke und der jeweiligen Waren oder Dienstleistungen. Es ist unbedingt erforderlich, den Begriff der Ähnlichkeit im Hinblick auf die Verwechslungsgefahr auszulegen. Die Verwechslungsgefahr stellt die spezifische Voraussetzung für den Schutz dar; ob sie vorliegt, hängt von einer Vielzahl von Umständen ab, insbesondere dem Bekanntheitsgrad der Marke im Markt, der gedanklichen Verbindung, die das benutzte oder eingetragene Zeichen zu ihr hervorrufen kann, sowie dem Grad der Ähnlichkeit zwischen der Marke und dem Zeichen und zwischen den damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen. Bestimmungen über die Art und Weise der Feststellung der Verwechslungsgefahr, insbesondere über die Beweislast, sind Sache nationaler Verfahrensregeln, die von der Richtlinie nicht berührt werden.“

Der neue Rechtsbegriff der Verwechslungsgefahr führt somit zu einem einheitlichen, komplexen Prüfungsmaßstab, der eine Vielzahl von Kriterien umfaßt. Wesentliche, im Gesetz bzw. in Erwägungsgrund 10 ausdrücklich hervorgehobene Faktoren sind der Grad der Ähnlichkeit zwischen den Marken und zwischen den Waren oder Dienstleistungen und die Kennzeichnungskraft der älteren Marke. Die Kriterien der Verwechslungsgefahr stehen zueinander in einer Wechselwirkung und sind deshalb von Fall zu Fall unterschiedlich zu gewichten (BGH BlPMZ 1995, 168, 171 „Oxygenol II“). Dementsprechend können Abweichungen zwischen den Marken durch die Nähe der Waren oder Dienstleistungen ausgeglichen werden; umgekehrt kann eine starke Ähnlichkeit der Marken die Unterschiede zwischen den Waren und Dienstleistungen aufwiegen.

Bei Beurteilung der Markenähnlichkeit können die zur Verwechslungsgefahr i.S. des WZG angewendeten Grundsätze als Orientierungshilfe herangezogen werden (vgl. BGH BlPMZ 1996, 180, 181 „Springende Raubkatze“). Das Gemeinschaftsrecht gebietet keine enge Auslegung des Begriffs der Verwechslungsgefahr (EuGH GRUR 1994, 286, 287 „Quattro/Quadra“; GRUR Int. 1994, 614, 615 „Ideal Standard II“).

Eine Anknüpfung an die bisherige Praxis ist schließlich deshalb nicht ausgeschlossen, weil die Gewährung der Herkunftsfunktion, die nach früherem Recht eine Hauptfunktion der Marke war, auch im Markengesetz als wesentliches Ziel des Markenschutzes anerkannt ist (Erwägungsgrund 10). Die Bedeutung der Herkunftsfunktion wird also nicht in Frage gestellt (BGH GRUR 1995, 583, 584 „MONTANA“). Allerdings ist in jedem Fall kritisch zu prüfen, ob die bisherige Praxis mit Wortlaut und Sinn des Markengesetzes im Einklang steht.

Auch der Begriff der Warenähnlichkeit als eines der wesentlichen Kriterien der Verwechslungsgefahr ist ein – im Verhältnis zum „statischen“ Gleichartigkeitsbegriff – neuer, eigenständiger Rechtsbegriff (BGH aaO). Bei der Prüfung der Ähnlichkeit von Waren und Dienstleistungen sind alle relevanten Gesichtspunkte wie z.B. die Herstellungsbetriebe und Vertriebswege zu berücksichtigen, wobei grundsätzlich auch nach dem Regierungsentwurf die Stärke oder Schwäche der Marken Bedeutung gewinnen kann (vgl. Regierungsbegründung zu § 9, BlPMZ Sonderheft, 66 l. Sp.; anders nach früherem Recht BGH BlPMZ 1965, 155 „Magirus“). Ob allerdings wirklich die Bestimmung des Ähnlichkeitsbereichs der Waren und Dienstleistungen flexibel, d.h. nach Maßgabe des Einzelfalles unter Berücksichtigung des Ähnlichkeitsgrades der konkret im Streit stehenden Marken und einer im Einzelfall festgestellten Bekanntheit der älteren Marke zu erfolgen hat, wird von der Rechtsprechung verneint (vgl. BPatG BlPMZ 1996, 371, 372 „Swing“) und ist Gegenstand einer Richtervorlage an den EuGH (BGH GRUR 1997, 221 – Canon).

Obwohl die Auslegung des Rechtsbegriffs der Warenähnlichkeit neu zu entwickeln ist, kann es je nach Lage des Einzelfalles auch in Zukunft erforderlich sein, auf die gleichen Kriterien zurückzugreifen wie bisher bei der Bestimmung des Gleichartigkeitsbereichs (BGH „Oxygenol II“, aaO).

b) Arten der Verwechslungsgefahr

§ 9 Abs. 1 Nr. 2 regelt zunächst den Fall, daß wegen der Identität oder Ähnlichkeit der Marken und der Identität oder Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen die Gefahr von Verwechslungen zwischen den Marken selbst besteht, daß also die Verbraucher irrtümlich die jüngere Marke für die ältere halten. Diesem Tatbestand entspricht die bisherige unmittelbare Verwechslungsgefahr (s. dazu Althammer/Ströbele/Klaka, Markengesetz, 5. Aufl., § 9, Rdn. 16).

Darüber hinaus erwähnt § 9 Abs. 1 Nr. 2, zweiter Halbsatz im Zusammenhang mit der Verwechslungsgefahr die Gefahr, daß die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden. Beispiele für diese „assoziative“ Verwechslungsgefahr sind die Fälle, in denen bisher von mittelbarer Verwechslungsgefahr oder Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne gesprochen worden ist (zum gedanklichen Inverbindungbringen s. auch unten g).

c) Allgemeine Beurteilungsgrundsätze

Ob Verwechslungsgefahr besteht, ist nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalles zu entscheiden. Zahlreiche Gesichtspunkte sind maßgebend (vgl. Erwägungsgrund 10 der EG-Richtlinie). Folgende schon bisher angewendete Bewertungsgrundsätze (vgl. Althammer/Ströbele/Klaka, Markengesetz, § 9, Rdn. 11 ff., 62 ff.) können auch in Zukunft eine Orientierungshilfe sein:

  • Art der Waren (und Dienstleistungen)

    Innerhalb des Ähnlichkeitsbereichs der Waren kann insbesondere die Warenart für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr eine maßgebliche Rolle spielen.

    Bei höherwertigen Gegenständen, die regelmäßig nach eingehender Überlegung und Prüfung erworben werden, ist die Verwechslungsgefahr grundsätzlich geringer als bei Waren des täglichen Bedarfs und bei Gegenständen von niedrigem Wert. Die Käufer von Arzneimitteln z.B. bringen im Interesse ihrer Gesundheit ein gewisses Maß an Aufmerksamkeit auf. Sind die Arzneimittel rezeptpflichtig, ist weitgehend das Verständnis des verordnenden Arztes und des Apothekers maßgebend (vgl. BGH GRUR 1990, 453, 455 r.Sp. „L-Thyroxin“), wodurch die Verwechslungsgefahr vermindert oder ganz beseitigt werden kann.

  • Beteiligte Verkehrskreise

    Der Kreis der Verkehrsbeteiligten umfaßt je nach Art und Zweckbestimmung der Waren oder Dienstleistungen unterschiedliche Personengruppen. Bei Fachleuten besteht regelmäßig ein hoher Kenntnisstand über die Produkte und Marken ihres Fachgebiets. Sie können daher die Marken im allgemeinen bereits aufgrund geringerer Unterschiede auseinanderhalten. Soweit die Waren für das allgemeine Publikum bestimmt sind, wird demgegenüber davon auszugehen sein, daß die Fähigkeit, die Marken zu unterscheiden, eher schwächer ausgeprägt ist.

  • Gesamteindruck und Erinnerungsbild

    Die Prüfung der Verwechslungsgefahr hat nach dem Gesamteindruck der sich gegenüberstehenden Marken und der von ihnen erfaßten Waren und Dienstleistungen zu erfolgen. Maßgebend ist die Durchschnittsauffassung der inländischen Abnehmerkreise, an die sich die Waren und Dienstleistungen wenden. Zu beachten ist, daß die Verbraucher die Marken regelmäßig nicht nebeneinander wahrnehmen. Vielmehr ist das Erinnerungsbild der Verkehrsbeteiligten entscheidend, das oft nur undeutlich ist (BGH GRUR 1990, 450, 452 „St. Petersquelle“). Manche Abweichung zwischen den Marken prägt sich dem Gedächtnis nicht ein, so daß sie nicht zur Unterscheidbarkeit beiträgt.

  • Sinngehalt

    Ein ohne weiteres erkennbarer Sinngehalt der Marken kann ihre Unterscheidbarkeit gewährleisten bzw. erleichtern. Beinhalten beide Marken unterschiedliche geläufige Begriffe, kann die Verwechslungsgefahr entfallen. Vermittelt nur die eine Marke einen Sinngehalt, kann die Verwechslungsgefahr ebenfalls ausgeschlossen, zumindest aber herabgesetzt sein.

  • Ähnlichkeitsgrad der Marken und Waren oder Dienstleistungen,
    Kennzeichnungskraft

    Zwischen diesen Faktoren besteht eine Wechselwirkung in der Weise, daß der Ähnlichkeitsgrad der Marken um so geringer sein kann, je größer deren Kennzeichnungskraft und/oder die Nähe der Waren bzw. Dienstleistungen ist (BGH BlPMZ 1995, 251, 252 l.Sp „Indorektal/Indohexal“).

d) Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen

Bei der Beurteilung des neuen Rechtsbegriffs der Ähnlichkeit von Waren und Dienstleistungen ist nach wie vor die Verkehrsauffassung zu berücksichtigen: Es ist also weiterhin zu untersuchen, ob zwischen den Waren oder Dienstleistungen aus der Sicht des angesprochenen Verbrauchers in solchem Maße Berührungspunkte bestehen, daß ein gemeinsamer betrieblicher Ursprung vermutet wird (vgl. EuGH GRUR Int. 1994, 614, 615 r. Sp. Ideal Standard II).

Auf die Kriterien für die Bestimmung des Warengleichartigkeitsbereichs kann weitgehend zurückgegriffen werden (BGH BlPMZ 1995, 168 171 „Oxygenol II“). Da die Verkehrsauffassung auch von der bisherigen Spruchpraxis zur Gleichartigkeit geprägt wird (vgl. BGH GRUR 1990, 361, 362 r.Sp. „Kronenthaler“), kann im Einzelfall bei der Ähnlichkeitsprüfung zunächst an die Ergebnisse der vorhandenen Gleichartigkeitspraxis angeknüpft werden. Die bisherige Rechtsprechung zur Gleichartigkeit kann als Ausgangs- und Anhaltspunkt herangezogen werden (BPatG BlPMZ 1995, 327, 328 „APISOL/Aspisol“). Gründe der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes legen diesen ersten Schritt der Prüfung nahe.

Zunächst ist also zu untersuchen, ob die Waren regelmäßig von denselben Unternehmen hergestellt werden, ob sie in ihrer stofflichen Beschaffenheit Gemeinsamkeiten haben oder dem gleichen Verwendungszweck dienen, und ob sie im Vertrieb Berührungspunkte aufweisen (BPatG a.a.O.). In einem weiteren Schritt ist dann zu prüfen, ob wegen der Besonderheiten des Einzelfalles der Ähnlichkeitsbereich der Waren oder Dienstleistungen anders bestimmt werden muß (s. auch oben a). Es wird von Fall zu Fall immer neu zu entscheiden sein, ob die Spruchpraxis zur Gleichartigkeit noch den heutigen Verhältnissen entspricht, so daß eine geänderte Verkehrsauffassung rascher und flexibler als bisher zu berücksichtigen sein wird (BPatG aaO). Hierbei ist auch zu berücksichtigen, daß der Ähnlichkeitsbegriff eher weiter als der frühere Begriff der Warengleichartigkeit auszulegen ist (BPatGE 35, 196).

Eine gesteigerte Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke kann der Entscheidung über die Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen allerdings – wenn überhaupt – nur dann zugrunde gelegt werden, wenn sie „liquide“, also unstreitig oder amtsbekannt ist (Regierungsbegründung zu § 9, BlPMZ Sonderheft, 67; vgl. auch BGH BlPMZ 1967, 57, 60 „Vitapur“). Bei Beurteilungen der Frage, ob sich auch der Abstand der Marken auf den Ähnlichkeitsbereich der Waren oder Dienstleistungen auswirkt, muß in Betracht gezogen werden, daß schon bei der Gleichartigkeitsentscheidung immer die Identität der Zeichen unterstellt wurde (BGH BlPMZ 1970, 389 „Dolan“). Sind also lediglich die Marken identisch, kann eine „Unähnlichkeit“ der Waren oder Dienstleistungen in der Regel dadurch nicht ausgeglichen werden (BPatG GRUR 1995, 739, 741 „GARIBALDI“).

Bei Beurteilung der Ähnlichkeit zwischen Dienstleistungen oder zwischen Dienstleistungen und Waren sind die für die Warenähnlichkeit geltenden Grundsätze entsprechend anwendbar. Dienstleistungen sind also ähnlich, wenn sie aufgrund ihrer Art und wirtschaftlichen Bedeutung so enge Berührungspunkte aufweisen, daß sie derselben Ursprungsstätte zugeordnet werden (BPatGE 30, 112, 115f). Zwischen Dienstleistungen und Waren besteht eine Ähnlichkeitsbeziehung, wenn der Verkehr annimmt, der Inhaber der Marke befasse sich selbständig sowohl mit der Erbringung der Dienstleistung als auch mit der Herstellung bzw. dem Vertrieb der Waren (BGH GRUR 1989, 347f „MICROTONIC“).

Folgende Sonderfälle sind zu erwähnen: Ersatzwaren sind trotz unterschiedlicher Herstellungsstätten ähnlich, wenn sie aufgrund ihrer Verwandtschaft in der Zweckbestimmung austauschbar sind (vgl. BPatG Mitt. 1994, 19 „PICO“). Sachgesamtheiten und ihre Einzelteile sind nur ausnahmsweise ähnlich, nämlich insbesondere dann, wenn die einzelnen Teile das Wesen der Sachgesamtheit bestimmen und daher vom Verkehr als selbständige Waren des Herstellers der Sachgesamtheit angesehen werden (BPatG GRUR 1994, 377, 378 „LITRONIC“). Zurückhaltung ist angebracht bei der Annahme einer sog. mittelbaren Ähnlichkeit zwischen Vor- und Fertigprodukten im Sinne der Rechtsprechung zur begleitenden Marke (vgl. BGH GRUR 1993, 912, 913 „BINA“).

Der Grad der Ähnlichkeit zwischen den Waren und Dienstleistungen, der von ihrer wirtschaftlichen Nähe oder Ferne bestimmt wird, hat Auswirkungen auf den Grad der Ähnlichkeit zwischen den Marken, der für die Bejahung der Verwechslungsgefahr vorliegen muß. Diese Wechselwirkung hat zur Folge, daß bei Warenferne oder einer größeren Entfernung zwischen den Dienstleistungen schon geringere Unterschiede zwischen den Marken deren Ähnlichkeit und die Verwechselbarkeit entfallen lassen können (vgl. BGH BlPMZ 1995, 251, 252 „Indorektal/Indohexal“; BGH BlPMZ 1969; 29, 31 „Poropan“).

e) Ähnlichkeit der Marken

Bei Wortmarken sind zunächst die klangliche und schriftbildliche Ähnlichkeit zu unterscheiden. Die bisher für die klangliche und schriftbildliche Verwechslungsgefahr geltenden Grundsätze können übernommen werden (Althammer/Ströbele/Klaka, Markengesetz, 5. Aufl., § 9, Rdn. 22, 79 ff.). Ebenso kann zur Beurteilung der Ähnlichkeit in begrifflicher Hinsicht auf die früheren Grundsätze zur begrifflichen Verwechslungsgefahr zurückgegriffen werden (s. dazu Althammer/Ströbele/Klaka, a.a.O., § 9, Rdn. 92 ff). Hinsichtlich der Ähnlichkeit zwischen Bildmarken bzw. zwischen Wort und Bild sind ebenfalls die bisherigen Grundsätze anwendbar (vgl. Althammer/Ströbele/Klaka, a.a.O., § 9, Rdn.97 ff. 105 ff.).

Von großer praktischer Bedeutung ist die Frage, unter welchen Voraussetzungen die Ähnlichkeit zwischen den Marken bejaht werden kann, wenn sich nur bei einzelnen Bestandteilen eine Annäherung oder Übereinstimmung ergibt (vgl. dazu Althammer/Ströbele/Klaka, a.a.O., § 9, Rdn. 133 ff.).

aa) Kollision bei mehrteiligen Marken

  • Schutzunfähige Bestandteile

    Aus schutzunfähigen Teilen einer älteren Marke können keine Rechte hergeleitet werden. Werden Bestandteile einer älteren Marke geltend gemacht, die – wie z.B. reine Buchstaben- oder Zahlenfolgen – zwar nach dem WZG, nicht aber auch nach dem MarkenG schutzunfähig sind, gilt folgendes: Zwar findet das neue Recht grundsätzlich auch auf Widersprüche Anwendung, die vor seinem Inkrafttreten eingelegt worden sind (§ 152; s. auch § 158 Abs. 2 Satz 2). Der Widersprechende darf andererseits nicht bessergestellt werden als der Anmelder einer nach dem WZG schutzunfähigen, nach dem MarkenG aber schutzfähigen Marke, dessen Anmeldung nur dann nach neuem Recht beurteilt werden kann, wenn sie einen Zeitrang seit dem 1. Januar 1995 hat (§ 156 Abs. 1 und 3). Daher können Bestandteile einer älteren Marke, die erst mit Inkrafttreten des Markengesetzes schutzfähig geworden sind, nur solchen jüngeren Marken entgegengehalten werden, die seit dem 1. Januar 1995 angemeldet wurden (BPatG BlPMZ 1996, 464, 465 „ICPI / ICP“; vgl. BGH BlPMZ 1962, 157, 160 „Almglocke“).

    Bei schutzunfähigen Teilen einer jüngeren Marke ist auch im Widerspruchsverfahren § 23 Nr. 2 zu beachten (BPatG GRUR 1996, 284, 285 „Fläminger/Fälinger“). Danach kann der Markeninhaber einem Dritten nicht verbieten, ein mit der Marke identisches oder ihr ähnliches Zeichen als beschreibende Angabe zu benutzen, wenn die Benutzung nicht gegen die guten Sitten verstößt. Inwieweit eine kennzeichenmäßige Verwendung der beschreibenden Angabe unerheblich ist (so Regierungsbegründung zu § 23, BlPMZ Sonderheft, 74; a.A BPatG aaO, 285f; Althammer/Ströbele/Klaka, a.a.O., § 9, Rdn. 141 ff.), bedarf noch einer weiteren Klärung durch die Rechtsprechung.

  • Prägende Bestandteile

    Bei der Beurteilung, ob in Fällen einer Teilkollision eine die Verwechslungsgefahr begründende Ähnlichkeit der Marken vorliegt, ist grundsätzlich von ihrem Gesamteindruck auszugehen (BGH BlPMZ 1996, 180, 181 „Springende Raubkatze“ m.w.N.). Eine Verwechslungsgefahr dem Gesamteindruck nach kann nur dann bejaht werden, wenn der ähnliche Bestandteil in der Marke eine selbständige und kennzeichnende Stellung behalten hat und nicht derart untergegangen ist, daß er aufgehört hat, für den Verkehr die Erinnerung an die ältere Marke wachzurufen (BGH a.a.O. „Springende Raubkatze“). Da sich Inhalt und Umfang des Markenschutzes nach der eingetragenen Markenform richten, kann einem einzelnen Bestandteil ein selbständiger Schutz im übrigen nur dann zugebilligt werden, wenn er den Gesamteindruck der Marke prägt oder doch wesentlich mitbestimmt (BGH a.a.O. „Springende Raubkatze“; BGH BlPMZ 1976, 145 r.Sp. „COLORBOY“). Dieser Grundsatz ist nicht nur auf die ältere, sondern auch auf die jüngere Marke anzuwenden (vgl. BGH GRUR 1986, 72, 73 r.Sp. „Tabacco d’Harar“). Bei Gleichwertigkeit der Markenelemente ist keines von ihnen geeignet, allein den Gesamteindruck der Marke zu prägen oder wesentlich mitzubestimmen (BGH a.a.O. „COLORBOY“, S. 146 l. Sp.; BGH GRUR 1991, 319, 320 r. Sp. „HURRICANE“).

    Die Meinung, einem Markenteil könne trotz prägender Bedeutung kollisionsbegründende Wirkung nur dann beigemessen werden, wenn die maßgeblichen Verkehrskreise den weiteren Bestandteilen daneben keinen besonderen Hinweis auf die Herkunftsstätte der gekennzeichneten Waren entnehmen, wird heute nicht mehr konsequent vertreten (vgl. BGH a.a.O. „Springende Raubkatze“; BlPMZ 1996, 414, 415 „JUWEL von Klingel / JUWEL“).

    Dementsprechend bleiben beschreibende – insbesondere glatt beschreibende – Angaben häufig außer Betracht. Besondere Umstände können jedoch dazu führen, daß der Verkehr auch beschreibende Bestandteile als Teil einer insgesamt auf die betriebliche Herkunft hinweisenden Gesamtbezeichnung wertet (BGH GRUR 1990, 367, 370 „Alpi/Alba Moda“). Auch Elemente, die einer beschreibenden Angabe entnommen oder an einen Gattungsbegriff angelehnt sind, können zur Prägung des Gesamteindrucks einer Marke betragen, zumal berechtigte Interessen der Wirtschaft bestehen, ein Zeichen aus Begriffselementen zu bilden, die zugleich einen beschreibenden Hinweis auf die Ware geben (BGH GRUR 1996, 200, 201 „Innovadiclophlont“; vgl. auch BGH GRUR 1995, 808, 8010 „P3-plastoclean“).

    Bei der Beurteilung, ob einem Bestandteil prägende Bedeutung für das Gesamtzeichen zukommt, ist auf die konkreten Umstände des jeweiligen Einzelfalles abzustellen.

    Folgende Erfahrungssätze sind zu berücksichtigen:

    Ergeben Markenwörter einen Gesamtbegriff, ist mit einer Verkürzung auf Einzelelemente regelmäßig nicht zu rechnen (vgl. Althammer/Ströbele/Klaka, a.a.O., § 9, Rdn. 160 ff.). Beim Zusammentreffen von Wort-Bildmarken und reinen Bildmarken orientiert sich der Verbraucher im allgemeinen eher an den Wortbestandteilen (BGH a.a.O. 250 „Springende Raubkatze“).

    Von praktischer Bedeutung sind auch die Fälle, daß die Marken neben einem Element, das in der Gegenmarke identisch oder ähnlich wiederkehrt, die Firmenbezeichnung oder den Namen des Inhabers (= Herstellerangabe) enthält. Häufig tritt die Herstellerangabe in den Hintergrund, weil sich der Verkehr an den sonstigen Merkmalen der Kennzeichnung als der eigentlichen Produktbezeichnung orientiert. Dies ist jedoch kein Regelsatz. Vielmehr ist fallbezogen zu entscheiden, ob der Herstellerangabe eine die Marke prägende Wirkung tatsächlich abgesprochen werden kann. So kann die Art der Zeichengestaltung, insbesondere die Verwendung der Herstellerangabe neben nur schwach kennzeichnenden Bestandteilen, dazu führen, daß Name oder Firma als zusätzliche Unterscheidungshilfe berücksichtigt werden. Dies kann der Fall sein, wenn auf dem betreffenden Warengebiet, z.B. auf dem Modesektor, der Verkehr aufgrund weit verbreiteter Übung daran gewöhnt ist, daß in der Marke auf einen Modeschöpfer, Designer oder ein gleichnamiges Unternehmen hingewiesen wird. Die Beurteilung, welche Bedeutung Name oder Firma für den Gesamteindruck einer Marke haben, ist außerdem davon abhängig, ob dem Verkehr bekannt ist, daß es sich um eine Herstellerangabe handelt (BGH BlPMZ 1996, 412, 413 f „Blendax Pep = PEP“; BGH BlPMZ 1996, 414, 415 „JUWEL von Klingel / JUWEL“).

    Insbesondere bei Arzneimitteln kann die Markenähnlichkeit unter dem Gesichtspunkt der sog. Abspaltung bestimmter beschreibender Angaben zu bejahen sein (vgl. BPatG BlPMZ 1994, 160 „BIONAPLUS = Bicona“; BlPMZ 1993, 402 „Innovaaktiv = Eunova“). Dieser Grundsatz, der höchstrichterlich noch nicht bestätigt wurde, kommt jedoch nur in Ausnahmefällen zur Anwendung.

bb) Zahlen- und Buchstabenmarken, dreidimensionale Marken und Hörmarken

Auch bei Zahlen- und Buchstabenmarken sind vor allem die Kriterien der klanglichen und schriftbildlichen Ähnlichkeit maßgebend. Bei Buchstabenmarken ist zu unterscheiden, ob sie als einheitliches Kunstwort oder buchstabierend ausgesprochen werden.

Kollisionen sind nicht nur innerhalb derselben Markenform möglich, sondern auch zwischen Marken verschiedener Kategorien. Dies gilt auch für die neuen Markenformen. Insbesondere folgende Kollisionsfälle sind denkbar:

  • Zwischen dreidimensionalen Marken untereinander,

  • zwischen dreidimensionalen Gestaltungen und zweidimensionalen Bildmarken; daß in einem solchen Kollisionsfall ein Widerspruch Erfolg hat, ist nicht von
    vornherein begrifflich ausgeschlossen.

  • Zwischen dreidimensionalen Gestaltungen und Wortmarken

  • zwischen Hörmarken mit Textbestandteilen und Wortmarken

Regelmäßig maßgebend ist der Gesamteindruck der Marken. Es gelten aber auch die weiteren bei einer Teilkollision anwendbaren Grundsätze. Einzelnen Gestaltungselementen kann eine selbständige kollisionsbegründende Wirkung also nur dann beigelegt werden, wenn sie (als Teil der älteren Marke) dem Schutz zugänglich sind, sie den Gesamteindruck der Marke prägen oder wesentlich mitbestimmen.

Bei der Ähnlichkeitsprüfung zwischen Hörmarken sind im wesentlichen die notenschriftliche Darstellung und die klangliche Wiedergabe (§ 11 Abs. 3 MarkenV) zu berücksichtigen. Ob wegen § 8 Abs. 1 die graphische Darstellung maßgeblich ist, die klangliche Wiedergabe also nur ein Ausführungsbeispiel darstellt, oder ob aufgrund des Wesens der Hörmarke der klanglichen Wiedergabe der Vorrang zukommt, muß der gerichtlichen Klärung zugeführt werden.

f) Kennzeichnungskraft der älteren Marke

Die Beurteilung der Verwechslungsgefahr wird wesentlich vom Schutzumfang mitbestimmt, der der älteren Marke zukommt. Der Schutzumfang steht in Beziehung zur Kennzeichnungskraft der Marke. Je größer die Kennzeichnungskraft ist, um so weiter reicht der Schutzumfang (BGH Mitt. 1995, 248, 249 „Springende Raubkatze“). Die Kennzeichnungskraft ist eine variable Größe, die von der von Haus aus bestehenden Kennzeichnungskraft und einer durch intensive Benutzung erlangten Verkehrsgeltung abhängt.

Normale Kennzeichnungskraft mit entsprechendem Schutzumfang besitzen insbesondere Marken, die ausreichend (durchschnittlich) unterscheidungskräftig sind und im Wirtschaftsverkehr noch keinen Bekanntheitsgrad erlangt haben. Im Widerspruchsverfahren ist dies der Regelfall. Einen engen Schutzumfang haben Marken von nur geringer Originalität, z.B. Angaben, die die Beschaffenheit oder Bestimmung der Ware für die angesprochenen Verkehrskreise erkennbar andeuten. Ein gesteigerter Schutzumfang kommt Marken zu, die durch intensive Benutzung eine überdurchschnittliche Kennzeichnungskraft erlangt haben.

Bei schwachen Marken reichen bereits geringere Unterschiede zur Verneinung der Ähnlichkeit bzw. Verwechslungsgefahr aus. Gegenüber einer starken Marke können selbst erhebliche Abweichungen die Verwechslungsgefahr nicht ohne weiteres ausschließen (vgl. BGH BlPMZ 1995, 251, 252 „Indorektal/Indohexal“). Zu beachten ist, daß die Kennzeichnungskraft für die einzelnen eingetragenen Waren unterschiedlich ausgeprägt sein kann. Der erweiterte Schutzumfang einer Marke gilt grundsätzlich nur für die „Verkehrsgeltungswaren„; also für die Waren, für die eine intensive Benutzung erfolgt ist; aus der gesteigerten Kennzeichnungskraft für eine bestimmte Ware kann noch nicht auf eine ebenfalls gesteigerte Kennzeichnungskraft für eine andere ähnliche Ware des Warenverzeichnisses geschlossen werden (BGH BlPMZ 1978, 326, 327 „SPAR“ m.w.N.).

Eine Berücksichtigung der Benutzungslage im Widerspruchsverfahren ist jedoch nur möglich, wenn sie liquide ist, d.h. wenn alle für die Tatsache der Benutzung oder ihren Umfang maßgebenden Umstände unstreitig oder amtsbekannt sind (vgl. BGH BlPMZ 1967, 57, 60 r.Sp. „Vitapur“). Dies ist im Widerspruchsverfahren nur selten der Fall. „Liquide“ ist ein Sachverhalt nicht nur, wenn die maßgeblichen Tatsachen unstreitig oder amtsbekannt sind, sondern auch dann, wenn diese Tatsachen durch präsente Beweis- bzw. Glaubhaftmachungsmittel belegt werden und ohne weitere Ermittlungen eine abschließende Beurteilung möglich ist (BPatG Beschluß vom 15.04.1997 – 24 W (pat) 255/95 „Lindora“).

Die Kennzeichnungskraft kann durch die Eintragung mehrerer ähnlicher Drittmarken auf dem gleichen oder benachbarten Warengebiet (Althammer/Ströbele/Klaka, a.a.O., § 9, Rdn. 121) beeinträchtigt sein. Ferner kann eine Schwächung durch benutzte Drittmarken herbeigeführt werden. Soweit die Drittmarken unbenutzt sind, kann die Registerlage zumindest einen Hinweis auf die ursprünglich geringe Kennzeichnungskraft geben (vgl. BGH a.a.O., 62 r.Sp.).

Auch in den Fällen, in denen ein erweiterter Schutzumfang geltend gemacht wird, kann die Benutzungslage regelmäßig nur berücksichtigt werden, wenn sie liquide ist.

Nicht unterscheidungskräftige oder kennzeichnungsschwache selbständige und unselbständige Markenbestandteile dürfen bei der Kollisonsprüfung nicht außer Betracht bleiben. Allerdings widmet der Verkehr in diesen Fällen den übrigen Elementen in der Regel größere Aufmerksamkeit, so daß hier grundsätzlich schon geringere Abweichungen ausreichen, als dies bei reinen Phantasiewörtern der Fall ist. Annäherungen in einem schwachen Bestandteil begründen eine Verwechslungsgefahr der Marken dem Gesamteindruck nach jedenfalls dann nicht, wenn die Marken im übrigen beachtliche Unterschiede aufweisen (vgl. Althammer/Ströbele/Klaka, a.a.O., § 9, Rdn. 129).

g) Gedankliches Inverbindungbringen der Marken (assoziative Verwechslungsgefahr)

§ 9 Abs. 1 Nr. 2 zweiter Halbsatz regelt als weiteren Fall der Verwechslungsgefahr die Gefahr, daß die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden („assoziative“ Verwechslungsgefahr). Dazu gehören zunächst die Fälle der bisherigen mittelbaren Verwechslungsgefahr und der Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne (vgl. Regierungsbegründung, Sonderheft S. 65 r. Sp.). Eine assoziative Verwechslungsgefahr besteht also beispielsweise dann, wenn der Verkehr die Marken selbst unterscheidet, aber aufgrund ihrer Berührungspunkte und der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen auf einen gemeinsamen betrieblichen Ursprung der Kennzeichnungen schließt (vgl. Althammer/Ströbele/Klaka, a.a.O,. § 9, Rdn. 180 ff.). Es handelt sich unverändert um einen Ausnahmetatbestand (BPatG BlPMZ 1996, 186, 188 „Assoziative Verwechslungsgefahr“). Ein weiteres Beispiel der assoziativen Verwechslungsgefahr bildet die – noch seltener auftretende – Fallgestaltung, daß die Verbraucher zwar auch die Unternehmen auseinanderhalten können, aber zwischen ihnen aufgrund der Ähnlichkeit der Marken und Waren oder Dienstleistungen irrtümlich besondere wirtschaftliche, organisatorische oder rechtliche Beziehungen annehmen (vgl. Althammer/Ströbele/Klaka, a.a.O., § 9, Rdn. 196 ff.).

Ob über diese bisher geläufigen Fälle hinaus der Schutzbereich eingetragener Marken durch die neue Vorschrift erweitert wird (ablehnend BPatGaaO; BPatG BlPMZ 1995, 329, 330 „Rebenstolz“; s. aber auch BPatGE 35, 212, 217 „QUEEN’S CLUB = QUEEN’S GARDEN), bedarf einer weiteren Klärung durch die Rechtsprechung (vgl. die dem EUGH vom BGH zur Vorabentscheidung vorgelegte Frage, ob bereits die Übereinstimmung zweier Bildelemente im Sinngehalt die assoziative Verwechslungsgefahr bejahen läßt; BlPMZ 1996, 180, 182 a.E. „Springende Raubkatze“). Je bekannter eine Marke ist, desto eher kann auch die assoziative Verwechslungsgefahr in Betracht kommen. Zu berücksichtigen ist allerdings, daß nach dem Wortlaut der Bestimmung („… die Gefahr von Verwechslungen besteht, einschließlich der Gefahr …“) immer eine solche gedankliche Verbindung vorliegen muß, die eine Verwechslungsgefahr hervorruft. Nicht jede wie auch immer geartete Assoziation begründet bereits eine Verwechslungsgefahr (BGH GRUR 1996, 200, 202 a.E. „Innovadiclophlont“).

3. Einrede der Nichtbenutzung

Die verfahrensrechtliche Seite des Benutzungszwangs ist in § 43 Abs. 1 geregelt. § 26 enthält die Legaldefinition des Benutzungsbegriffs. Die Bestimmungen finden grundsätzlich auch auf Widersprüche Anwendung, die vor dem 1. Januar 1995 erhoben wurden (§ 158 Abs. 3 Satz 1).

a) Zulässigkeit

Grundsätzlich ist die Einrede der Nichtbenutzung nur dann zulässig, wenn die Widerspruchsmarke seit mindestens fünf Jahren vor der Veröffentlichung der Eintragung der angegriffenen Marke eingetragen ist (§ 43 Abs. 1 Satz 1). Eine wesentliche Neuregelung liegt darin, daß die Nichtbenutzungseinrede auch dann erhoben werden kann, wenn die Benutzungsschonfrist erst nach Veröffentlichung der Eintragung der jüngeren Marke und vor der Entscheidung über den Widerspruch abläuft (§ 43 Abs. 1 Satz 2).

Der Wille, die Benutzung der Widerspruchsmarke zu bestreiten, muß eindeutig erklärt sein (BPatGE 32, 98, 100). Allgemeine Ausführungen zur Benutzung der älteren Marke genügen nicht. Eine vor Inkrafttreten des Markengesetzes erhobene Nichtbenutzungseinrede, die wegen noch nicht erfolgten Ablaufs der Benutzungsschonfrist (§ 5 Abs. 7 Satz 1 WZG) unzulässig war, kann regelmäßig nicht ohne weiteres als eine seit dem 1. Januar 1995 mögliche zulässige Einrede nach § 43 Abs. 1 Satz 2 MarkenG weiterbehandelt werden. Es ist vielmehr Aufgabe des Anmelders, nach diesem Zeitpunkt eindeutig zu erklären, ob er nunmehr von dieser durch das Markengesetz neu eingeführten Möglichkeit des Bestreitens der Benutzung Gebrauch machen will (BPatG BlPMZ 1996, 369, 370).

Hat gegen die ältere Marke ein Widerspruchsverfahren stattgefunden, beginnt die Benutzungsschonfrist erst mit Abschluß dieses Verfahrens (§ 26 Abs. 5). Richtet sich der Widerspruch gegen eine international registrierte Marke, tritt an die Stelle der Veröffentlichung der Eintragung die Veröffentlichung im Veröffentlichungsblatt der WIPO (§ 114 Abs. 1). Bei ausländischen IR-Marken beginnt die Fünfjahresfrist für die Aufnahme der Benutzung grundsätzlich mit dem Ablauf eines Jahres nach der Eintragung in das internationale Register, oder, falls das Prüfungsverfahren nach §§ 113, 114 MarkenG zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgeschlossen ist, mit dem Zugang der abschließenden Mitteilung über die Schutzbewilligung beim Internationalen Büro in Genf (§§ 116, 115 Abs. 2 und 124 MarkenG i.V.m. Art. 5 Abs. 2 MMA, Art. 5 Abs. 2 PMMA, Regel 17 (1) GAusfOMMA/PMMA). Das letztere Datum wird im Markenblatt veröffentlicht.

b) Materielle Voraussetzungen der rechtserhaltenden Benutzung.

Die materiellen Kriterien für die Benutzung ergeben sich aus § 26.

Die Marke muß grundsätzlich von ihrem Inhaber benutzt worden sein. Die Benutzung durch einen Dritten mit Zustimmung des Inhabers wird als rechtserhaltend anerkannt (§ 26 Abs. 2). Die Marke muß „als Marke benutzt“ werden. Erforderlich ist eine funktionsgerechte Verwendung (Regierungsbegründung zu § 26, BlPMZ Sonderheft, 77 l.Sp.; BGH GRUR 1995, 583, 584 „MONTANA“). Sie liegt jedenfalls dann vor, wenn die Ware selbst oder ihre Verpackung bzw. Umhüllung mit der Marke versehen werden (vgl. BGH BlPMZ 1980, 159, 152 l.Sp. „Contiflex“). Allerdings kann auch die Benutzung auf Geschäftspapieren, in Katalogen oder in der Werbung je nach den Umständen des Einzelfalles ausreichend sein (Regierungsbegründung a.a.O.). Das ist z.B. der Fall, wenn nach der Art der Waren, etwa bei einem flüssigen Chemieprodukt, eine unmittelbare körperliche Verbindung mit der Marke ungewöhnlich ist (so bereits zum alten Recht BGH BlPMZ 1995, 415, 416 „TETRASIL“).

Als Benutzung einer eingetragenen Marke gilt auch die Benutzung der Marke in einer Form, die von der Eintragung abweicht, wenn die Abweichungen den kennzeichnenden Charakter der Marke nicht verändern (§ 26 Abs. 3 Satz 1) bzw. deren Unterscheidungskraft nicht beeinflussen (Art. 10 Abs. 2 a der EG-Markenrechtsrichtlinie).

Bei der Anwendung dieses neuen Grundsatzes besteht nach der Regierungsbegründung (BlPMZ Sonderheft, 77 r.Sp.) für eine Rückkehr zu der früher gelegentlich sehr strengen Rechtsprechung (z.B. BGH BlPMZ 1981, 159, 160 „Arthrexforte“) keine Grundlage mehr, da das Markengesetz ausdrücklich bestimmt, daß abgewandelte Benutzungsformen zu berücksichtigen sind. Die Abwandlung ist anzuerkennen, wenn der Verkehr in ihr keine wesentliche Veränderung der Marke sieht (BPatG Mitt. 1995, 226, 227 „Jeanette“; vgl. BPatG BlPMZ 1996, 28, 29 „MANHATTAN“). Hier ist der von der Kennzeichnungskraft abhängige Schutzumfang der Marke von Bedeutung. Je enger der Schutzbereich ist, desto eher wird er von einer abgewandelten Benutzungsform überschritten. Der kennzeichnende Charakter der Marke wird damit verändert (BPatG a.a.O. „Jeanette“).

Im Unterschied zum bisherigen Recht (BGH BlPMZ 1986, 215 „COMBURTEST“; BPatG Mitt. 1983, 36 „Hertie“) kann die rechtserhaltende Wirkung einer abgewandelten Benutzungsform nicht mehr deshalb verneint werden, weil sie ebenfalls als Marke eingetragen ist (§ 26 Abs. 3 Satz 2).

Die Marke muß wie bisher für diejenigen Waren oder Dienstleistungen benutzt worden sein, für die sie eingetragen ist (§ 26 Abs. 1). Auf die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur Subsumtion und Integration (Althammer/Ströbele/Klaka, a.a.O., § 26, Rdnr.69 ff.) kann zurückgegriffen werden. Es muß eine ernsthafte Benutzung vorliegen (§ 26 Abs. 1). Scheinbenutzungshandlungen erfüllen diese Voraussetzungen nicht (Regierungsbegründung zu § 26, BlPMZ Sonderheft, 77 r. Sp.). Die bisherige Praxis kann insoweit herangezogen werden. Selbst geringe Umsätze sprechen nicht immer gegen die Ernsthaftigkeit der Benutzung, nämlich dann nicht, wenn der Vertrieb mit Stetigkeit erfolgt und wirtschaftlich noch sinnvoll erscheint (BPatG GRUR 1995, 812, 813 „Dall’Opera“; BlPMZ 1995, 317f.).

Die Benutzung muß wie nach bisherigem Recht im Inland erfolgen (§ 26 Abs.1). Das Anbringen der Marke auf Waren oder deren Aufmachung oder Verpackung im Inland genügt, wenn die Waren ausschließlich für die Ausfuhr bestimmt sind (§ 26 Abs. 4). Im Einzelfall kann sich aus internationalen Abkommen etwas anderes ergeben (Hauptfall: Abkommen mit der Schweiz vom 13.04.1892, RGBl 1894, 511; 1903, 181).

Eine wichtige Neuregelung besteht darin, daß sich der Inhaber der älteren Marke auf berechtigte Gründe für die Nichtbenutzung berufen kann (§ 26 Abs. 1). Daher kann in Zukunft beispielsweise die Verwendung einer Arzneimittelmarke nur im behördlichen Zulassungsverfahren, die bisher als rechtserhaltende Benutzungshandlung anerkannt war (BGH BlPMZ 1978, 159, 161 „Orbicin“), als Fall einer gerechtfertigten Nichtbenutzung angesehen werden. Die bisherige Rechtsprechung zur Unzumutbarkeit der Benutzung nach § 11 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 WZG (Althammer/Ströbele/Klaka, a.a.O., § 26, Rdn. 11 ff.) kann berücksichtigt werden.

4. Unbeachtliches Vorbringen

Im Widerspruchsverfahren unerheblich ist jedes Vorbringen, das sich gegen die Schutzfähigkeit der beteiligten Marken richtet oder auf außermarkenrechtliche Gesichtspunkte gestützt wird.

a) Einwendungen des Inhabers der angegriffenen Marke

Unberücksichtigt bleiben insbesondere folgende Einwendungen:

  • fehlende Schutzfähigkeit der Widerspruchsmarke als Ganzer

  • die Widerspruchsmarke, die noch nicht dem Benutzungszwang unterliegt, sei ein Vorrats-, Defensiv- oder Wiederholungszeichen,

  • der Inhaber der jüngeren Marke besitze bereits eine ältere, mit der Widerspruchsmarke identische Marke,

  • der Einwand, er habe die Marke bereits vor dem Widersprechenden benutzt,

  • rechtsmißbräuchliches oder unlauteres Verhalten i.S.d. UWG,

  • der Einwand, der Widersprechende habe sein Recht nach Treu und Glauben verwirkt,

  • die jüngere Marke habe sich bereits im Verkehr durchgesetzt,

  • der Einwand, zwischen den Beteiligten bestehe eine Vereinbarung über die Benutzung der Marke.

b) Vorbringen des Widersprechenden

Folgender Vortrag findet beispielsweise keine Berücksichtigung:

  • Ein schutzunfähiger Bestandteil der Widerspruchsmarke habe sich bereits im Verkehr durchgesetzt. Eine Ausnahme besteht nur dann, wenn im Eintragungsverfahren die Durchsetzung bereits förmlich festgestellt wurde.

  • Die angegriffene Marke sei als Ganzes schutzunfähig

  • Die Eintragung der jüngeren Marke sei aus außermarkenrechtlichen Gesichtspunkten gegenüber der Widersprechenden unzulässig, z.B. wegen vertraglicher Nichtbenutzungsabrede, aus urheberrechtlichen, wettbewebsrechtlichen oder firmen- und namensrechtlichen Gründen.

D. Entscheidung im Widerspruchsverfahren

I. Herbeiführen der Entscheidungsreife

1. Ermittlungen

Nach § 59 Abs. 1 Satz 1 ermittelt das Patentamt den Sachverhalt grundsätzlich von Amts wegen (zu den Ausnahmen vom Grundsatz der Amtsermittlung s. C vor I). Das Patentamt kann jederzeit die Beteiligten laden und anhören, Zeugen, Sachverständige und Beteiligte vernehmen und andere zur Aufklärung der Sache erforderliche Ermittlungen anstellen (§ 60 Abs 1). Dazu gehören auch die Einholung von Auskünften aller Art, von schriftlichen Äußerungen der Beteiligten, Sachverständigen und Zeugen, die Beiziehung von Akten und Urkunden und die eidesstattliche Versicherung.

Vor der das Verfahren abschließenden Entscheidung sind die Beteiligten auf Antrag anzuhören, wenn dies sachdienlich ist (§ 60 Abs. 2 Satz 1). Die Sachdienlichkeit ist zu bejahen, wenn das Verfahren durch die Anhörung gefördert wird, z.B. wenn eine mündliche Erörterung eine raschere und bessere Klärung als die schriftliche Darstellung erwarten läßt. Im Regelfall ist keine Anhörung erforderlich.

2. Fristen, rechtliches Gehör

Die Gewährung von Fristen ist in § 74 MarkenV geregelt. Fristverlängerungen bis zum Zweifachen der Regelfrist (ein Monat bei Beteiligten im Inland und zwei Monate bei Auslandsbezug, § 74 Abs. 1) können bei Angabe von zureichenden Gründen gewährt werden (§ 74 Abs. 2). Weitere Fristverlängerungen werden nur bei Glaubhaftmachung eines berechtigten Interesses bewilligt. Außerdem ist das Einverständnis der anderen Beteiligten glaubhaft zu machen (§ 74 Abs. 3). Ein berechtigtes Interesse kann z.B. darin gesehen werden, daß die Beteiligten in Vergleichsverhandlungen stehen. Über Fristgesuche ist im Regelfall großzügig zu entscheiden. Bei Fristüberschreitung kann nach Lage der Akten entschieden werden (§ 75 Abs. 2 MarkenV).

Zeichnet sich die Möglichkeit ab, daß die Benutzungsschonfrist vor der Entscheidung über den Widerspruch abläuft (§ 43 Abs. 1 Satz 2), wird mancher Inhaber einer angegriffenen Marke versuchen, die Entscheidung durch Fristgesuche so lange hinauszuschieben, bis er die Nichtbenutzungseinrede erheben kann. Die Markenstellen werden sich auch in diesen Fällen um eine zügige Durchführung des Widerspruchsverfahrens bemühen. Weitere Fristverlängerungen für die Inhaber der angegriffenen Marke können jedenfalls bei Einverständnis des Widersprechenden bewilligt werden (vgl. § 74 Abs. 3 MarkenV).

Bei Beurteilung der Frage, welche Eingaben den anderen Verfahrensbeteiligten vor der Beschlußfassung zu übermitteln sind, ist der – jetzt in § 59 Abs. 2 ausdrücklich geregelte – Grundsatz des rechtlichen Gehörs zu beachten.
Alle Mitteilungen, die zur Wahrung des rechtlichen Gehörs erforderlich sind, sind unverzüglich zu veranlassen. Insbesondere Schriftsätze mit einer (erheblichen) Nichtbenutzungseinrede, die Benutzungsunterlagen oder die Erinnerungsbegründung sind den Betroffenen unverzüglich zur Stellungnahme zu übermitteln. Überraschende Entscheidungen sind in jedem Fall zu vermeiden.

Dagegen kann die Übersendung aus Gründen der Verfahrensökonomie beispielsweise dann unterbleiben, wenn die Eingabe keine neuen entscheidungserheblichen Gesichtspunkte enthält. Von der Übermittlung an einen Beteiligten vor der Beschlußfassung kann auch dann abgesehen werden, wenn eine Entscheidung zu seinen Gunsten ergeht (vgl. § 75 Abs. 2 Satz 2 MarkenV).

Die Nichtbenutzungseinrede muß nicht zugesandt werden, wenn der Erstprüfer wegen fehlender Verwechslungsgefahr unabhängig von der Benutzungslage zurückweisen will. Dem Widersprechenden wird die Nichtbenutzungseinrede dann erst mit der den Widerspruch zurückweisenden Entscheidung übermittelt. Hält in einem darauf folgenden Erinnerungsverfahren der Prüfer die Nichtbenutzungseinrede für erheblich, hat er den Widersprechenden unter Fristsetzung zur Glaubhaftmachung der Benutzung aufzufordern.

Im Erinnerungsverfahren sind jedoch sämtliche Schriftsätze von Beteiligten zu übermitteln, auch wenn sie keine neuen Sachanträge und kein neues entscheidungsrelevantes Vorbringen enthalten, sofern die Übersendung der Schriftsätze von der jeweiligen Gegenseite ausdrücklich beantragt wurde.

II. Entscheidung in der Hauptsache

Im Hauptfall des Widerspruchs aus einer angemeldeten oder eingetragenen älteren Marke nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 kommen im wesentlichen folgende Entscheidungen bzw. Entscheidungsformeln in Betracht:

  1. Hat der Widerspruch Erfolg, wird die Eintragung der Marke für alle oder einen Teil der eingetragenen Waren bzw. Dienstleistungen gelöscht (§§ 43 Abs. 2 Satz 1, 42 Abs. 2 Nr. 1, 9 Abs. 1 Nr. 2). Ein unbegründeter Widerspruch ist zurückzuweisen (§ 43 Abs. 2 Satz 2).

  2. Ein erfolgreicher Widerspruch gegen eine IR-Marke führt zur Verweigerung des Schutzes (§§ 107, 114 Abs. 3, 42 Abs. 2 Nr. 1, 9 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. Art. 5 Abs. 1 Satz 2 MMA, Art. 6quinquies B Satz 1 Nr. 1 PVÜ).

  3. Greift der Widerspruch gegen eine noch nach § 5 Abs. 2 WZG bekanntgemachte Anmeldung durch, wird die Eintragung versagt (§ 158 Abs. 5 Satz 1). Wird dem Widerspruch gegen eine noch nach § 6a Abs. 1 WZG eingetragene Marke stattgegeben, wird die Eintragung gelöscht (§§ 158 Abs. 5 Satz 2, 43 Abs. 2 Satz 1).

III. Kostenentscheidung

Bei der Entscheidung über den Widerspruch wird im Regelfall wie bisher von einer Kostenauferlegung abgesehen (vgl. § 63 Abs. 1 Satz 3). Abweichend von dem Grundsatz, daß jeder Beteiligte seine Kosten selbst trägt, kann eine Kostenauferlegung ausgesprochen werden, wenn dies der Billigkeit entspricht (§ 63 Abs. 1 Satz 1). Anders als nach § 62 Abs. 1 Satz 1 PatG können alle notwendigen Kosten berücksichtigt werden, die den Beteiligten entstanden sind.

Die Voraussetzungen für eine Kostenauferlegung aus Gründen der Billigkeit entsprechen denen des bisherigen Rechts (s. insoweit Althammer/Ströbele/Klaka, a.a.O., § 63, Rdn. 10; § 71, Rdn. 15 ff.).
Neu aufgenommen wurde die Bestimmung, daß die Rückzahlung der Widerspruchsgebühr angeordnet werden kann, wenn dies der Billigkeit entspricht (§ 63 Abs. 2). Dies kann etwa der Fall sein, wenn der Widerspruch durch eine fehlerhafte Veröffentlichung der Eintragung veranlaßt wurde und der Widerspruch ohne diese fehlerhafte Veröffentlichung unterblieben wäre (vgl. Althammer/Ströbele/Klaka, a.a.O., § 63, Rdn. 18).

IV. Aussetzung

Die Widerspruchsentscheidung kann nach § 43 Abs. 3 ausgesetzt werden. Die Vorschrift stellt keine abschließende Regelung der Aussetzung dar (Regierungsbegründung zu § 43, BlPMZ Sonderheft, 87 l.Sp.). Dementsprechend ergeben sich weitere Möglichkeiten der Aussetzung aus § 29 MarkenV oder § 148 ZPO. Insbesondere kann das Verfahren über einen Widerspruch in allen Fällen ausgesetzt werden, in denen dies sachdienlich ist (§ 29 Abs. 1 MarkenV).

Sachdienlich ist die Aussetzung beispielsweise dann, wenn gegen die Widerspruchsmarke mit Aussicht auf Erfolg ein Löschungsverfahren vor dem Patentamt eingeleitet worden ist ( § 29 Abs. 2 MarkenV). Ausgesetzt werden muß bei älteren Marken, deren Schutzdauer abgelaufen ist, wenn sie noch verlängert werden kann, sofern der Widerspruch voraussichtlich Erfolg hat. Ist der Widerspruch auf eine ältere Anmeldung gestützt, darf eine ihm stattgebende Entscheidung erst nach Eintragung der angemeldeten Widerspruchsmarke ergehen (§ 9 Abs. 2).

Auch ohne Vorgreiflichkeit eines anderen Verfahrens (§ 148 ZPO) kann eine Aussetzung z.B. dann in Betracht kommen, wenn eine für die Entscheidung erhebliche Rechtsfrage im Beschwerdeverfahren anhängig ist. Hier kann eine Aussetzung bis zur Erledigung des Beschwerdeverfahrens sachdienlich sein.

Die Vorschriften, die die Aussetzung regeln, dienen der Verfahrensökonomie. Andererseits kann gerade die Aussetzung nach § 43 Abs. 3 zu erheblichen Verzögerungen des Verfahrens führen. Deshalb sollte bei der vollständigen oder teilweisen Löschung einer Eintragung wegen eines Widerspruchs möglichst über alle übrigen Widersprüche oder zumindest diejenigen Widersprüche mitentschieden werden, bei denen dies ohne weiteren Zeitaufwand – z.B. wegen ergänzender Ermittlungen zur Warenähnlichkeit oder Benutzungslage – möglich ist.

Jedenfalls ist es zur Vermeidung unangebrachter Verfahrensverzögerungen erforderlich, daß die Markenstellen von der Aussetzungsmöglichkeit überlegt Gebrauch machen. § 43 Abs. 3 bedarf einer Auslegung, die an den Interessen der Verfahrensbeteiligten einerseits und an den Erfordernissen der Verfahrensökonomie andererseits orientiert ist.

Der Präsident des Deutschen Patentamts

In Vertretung

Merz

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